Newman Jubiläumsrundbrief 2025

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Liebe Newman-Freunde!

2025 ist ein Heiliges Jahr, in dem Papst Franziskus uns einlädt, als Pilger der Hoffnung voranzugehen. Dieses Jahr markiert auch das 50-jährige Bestehen des internationalen Zentrums der Newman-Freunde. In diesem Rundbrief möchten wir Sie deshalb kurz über die Anfänge, die Geschichte und die gegenwärtigen Tätigkeiten des Newman-Zentrums informieren.

Die Anfänge

Weshalb haben Mitglieder der geistlichen Familie „Das Werk“ im Jahr 1975 ein internationales Newman-Zentrum errichtet?

Sr. Maria Katharina Strolz und Mutter Julia Verhaeghe im Gespräch mit Kardinal Mario Luigi Ciappi, Symposium anlässlich der Jahrhundertfeier des Kardinalats von Newman, 1979

Mutter Julia Verhaeghe, die Gründerin des „Werkes“ (1910-1997), war ursprünglich nicht mit John Henry Newman vertraut. Als sie in den 1960er Jahren durch eine Zeit der Prüfung ging, las sie auf Anraten eines befreundeten Priesters eine Anthologie mit Texten Newmans und entdeckte in dem englischen Konvertiten einen „echten Bruder“: Seine Treue zum milden Licht, seine Liebe zur Kirche und sein gläubiges Ausharren in leidvollen Situationen stärkten sie auf ihrem Berufungsweg. Sie ermutigte deshalb ihre Schwestern, immer wieder in den Schriften Newmans zu lesen und auf dessen Hilfe zu vertrauen.

Sr. Maria Katharina Strolz und Sr. Lutgart Govaert im Gespräch mit Besuchern, 1979, Newman Bibliothek, Piccola Casa, Via Aurelia 257

Anfang der 1970er Jahre verfasste Sr. Lutgart Govaert FSO an der der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom eine Dissertation zum Thema Kardinal Newmans Mariologie und sein persönlicher Werdegang (Pustet, Salzburg-München 1975). Bei einem Fest nach der Verteidigung dieses Doktorats war die Rede von einem Newman-Kongress in Rom im Heiligen Jahr 1975. Weil niemand Genaueres darüber wusste, baten die Schwestern Abbé Nicolas Theis aus Luxemburg, der damals immer wieder Newman-Konferenzen organisierte, um nähere Auskunft. Dieser antwortete, dass er nichts darüber gehört habe, aber die Schwestern des „Werkes“ in Rom einen solchen Kongress organisieren könnten. Als Mutter Julia, die damals schwerkrank im Bett lag, von dieser Antwort erfuhr, meinte sie, dass dies ein Zeichen von oben sei.

Daraufhin bereiteten die Schwestern in Zusammenarbeit mit einigen Fachleuten ein akademisches Symposium vor, das erste dieser Art in Rom. Unter den Experten, die bei der Vorbereitung engagiert halfen, waren Prof. Giovanni Velocci CSSR (1924-2016), Prof. Jean Stern MS (1927-2023), Missionar Unserer Lieben Frau von La Salette, und P. Philip Boyce OCD, Professor für Dogmatik und Spiritualität, der an der Päpstlichen Theologischen Fakultät Teresianum eine Dissertation über die christliche Vollkommenheit in den Schriften von John Henry Newman verfasst hatte, später der geistliche Begleiter von Mutter Julia wurde und von 1995 bis 2017 als Bischof seine Heimatdiözese Raphoe in Irland leitete. Das Symposium fand vom 3. bis 8. April 1975 statt und war in vielerlei Hinsicht ein Segen: Die kirchlichen Universitäten entdeckten neu die Aktualität des großen Theologen. Newman-Forscher aus aller Welt waren getroffen vom Interesse Roms an Newman. Papst Paul VI. empfing die Teilnehmer in einer Privataudienz und hielt eine wegweisende Ansprache über Newmans Bedeutung für unsere Zeit.

Newman Symposium, 1975, Domus Mariae, Rom

Kurze Zeit nach dem Symposium trafen die Schwestern Kardinal Luigi Raimondi, den Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Dieser bat sie, ihre Newman-Arbeit weiterzuführen und auch für die bereits unter Pius XII. eröffnete Causa Newmans fruchtbar zu machen. So entstand im Jahr 1975 das internationale Zentrum der Newman-Freunde mit einer Spezialbibliothek für interessierte Gläubige, Studenten und Professoren.

Jenen, die mehr über die Anfänge des Newman-Zentrums wissen möchten, empfehlen wir die Lektüre des Kapitels „Geistesverwandtschaft mit John Henry Newman“ (➞ Link) aus dem Buch Sie diente der Kirche. Mutter Julia Verhaeghe und die Entfaltung der geistlichen Familie „Das Werk“ (fe-Verlag, Kißlegg 2020).

Einige Höhepunkte der letzten 50 Jahre

Aus der 50-jährigen Geschichte des Newman-Zentrums rufen wir zusammenfassend die wesentlichen Anliegen unserer Tätigkeit und einige Highlights in Erinnerung. Neben dem römischen Sitz des Newman-Zentrums entstanden im Laufe der Jahre auch Zentren in Bregenz (Österreich), Budapest (Ungarn) und Littlemore/Oxford, wo Newman im College am 9. Oktober 1845 in die katholische Kirche aufgenommen worden war. Mittlerweile ist Littlemore eine Wallfahrtsstätte, wo – auch durch den Dienst und das Gebet der Schwestern des „Werkes“, die seit 1986 dort wirken – etwas vom anziehenden Geist Newmans spürbar ist.

Gemäß dem Wappenspruch von Kardinal Newman („Cor ad cor loquitur“ – „Das Herz spricht zum Herzen“) entwickelten sich die Newman-Zentren zu Stätten der Begegnung und des Dialogs. Besucher aus zahlreichen Ländern fanden in unseren Zentren nicht nur nützliche Informationen, sondern auch offene Ohren für ihre Anliegen und Worte der Ermutigung für ihren Weg des Glaubens. So entstanden Kontakte mit vielen Menschen, die oft jahrzehntelang anhielten. Unter ihnen waren einfache Gläubige, aber auch nicht wenige kirchliche Persönlichkeiten, wie etwa Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., der schon 1975 als Professor das Newman-Zentrum in Rom besucht hatte. Später sagte er über diese erste Begegnung: „Schwestern zu sehen, die sich ernsthaft für John Henry Newman interessieren und zugleich eine große Liebe zur Küche haben, diese Kombination fand ich sehr originell!“ Bis zu seinem Heimgang blieb er mit dem Newman-Zentrum verbunden.

Die Newman-Zentren waren stets darum bemüht, zusammen mit den Oratorianern und vielen anderen die Verehrung Newmans im Volk Gottes zu fördern und so auch den Heiligsprechungsprozess voranzubringen. Persönliche Kontakte, regelmäßige Rundbriefe, heilige Messen und verschiedene Gebetsinitiativen dienten jahrzehntelang diesem Anliegen. So war die Freude groß, als Benedikt XVI. John Henry Newman am 19. September 2010 in Birmingham tatsächlich seligsprechen konnte.

Newman Chapel, The College, Littlemore

Bei seiner Homilie während der Eucharistiefeier sagte der damalige Papst: „Ich spreche allen, die jahrelang hart an der Förderung der Causa von Kardinal Newman gearbeitet haben, meine Anerkennung aus, einschließlich der Priester des Oratoriums von Birmingham und der Mitglieder der geistlichen Familie ‚Das Werk‘“. Die Heiligsprechung durch Papst Franziskus am 13. Oktober 2019 auf dem Petersplatz erfüllte uns und viele Newman-Freunde mit aufrichtigem Dank und spornte uns an, mit noch größerem Eifer das geistliche Erbe dieses modernen Heiligen den Menschen unserer Tage nahezubringen.

Von Anfang an waren unsere Newman-Zentren Orte des Studiums und der intellektuellen Auseinandersetzung mit dem Denken des großen englischen Gelehrten. Zahlreiche Doktorate wurden in den letzten Jahrzehnten durch die Newman-Zentren angeregt. In unseren Spezialbibliotheken fanden die Studenten die notwendige Literatur und erhielten Anregungen für ihre Arbeiten. Auch mehrere Mitglieder des „Werkes“ schrieben Dissertationen über Newmans Theologie. Darüber hinaus luden wir zu Vorträgen ein, veröffentlichten Fachartikel und populäre Beiträge und hielten Radioansprachen über Aspekte der Lehre und Spiritualität Newmans.

Zu den Höhepunkten gehörte die Organisation einiger wissenschaftlicher Symposien, von denen wir fünf – samt den entsprechenden Veröffentlichungen – erwähnen:

  • 1990 fand in der Sala Borromini ein akademischer Kongress anlässlich des 100. Todestages Newmans statt: M.K. Strolz/M. Binder (ed.), John Henry Newman. Lover of Truth (Urbaniana University Press, Roma 1991).
  • 2001 wurde an der Päpstlichen Universität Urbaniana ein Symposium zum 200. Geburtstag Newmans veranstaltet: H. Geissler (ed.), Conoscere Newman. Introduzione alle opere (Urbaniana University Press, Roma 2002).
  • 2008 folgte eine internationale Konferenz in Mailand, die zusammen mit der Università Cattolica del Sacro Cuore organisiert worden war: E. Botto/H. Geissler (ed.), Una ragionevole fede. Logos e dialogo in John Henry Newman (Vita e Pensiero, Milano 2009).
  • Im Anschluss an die Seligsprechung 2010 wurde an der Päpstlichen Universität Gregoriana ein Symposium über den Primat Gottes im Leben und in den Schriften des seligen John Henry Newman organisiert: H. Geissler (ed.), The Primacy of God in the Life and Writings of Blessed John Henry Newman, Louvain Studies 35 (2011/3-4).
  • 2017 wurde in Zusammenarbeit mit der Päpstlichen Lateranuniversität und der Salesianeruniversität in Venedig ein Symposium über John Henry Newman und Edith Stein gehalten: M. Marchetto/P. Manganaro (ed.), Maestri perché testimoni. Pensare il futuro con John Henry Newman e Edith Stein (Lateran University Press, Roma 2017).

Aktuelle Tätigkeiten

Der römische Sitz des Zentrums befindet sich seit vier Jahren nicht mehr in der Via Aurelia 257 („Piccola Casa“), sondern in der Via di Val Cannuta 32C („Collegium Paulinum“). Auch wenn dieser neue Sitz etwas weiter von der Stadtmitte entfernt ist, gehen die Newman-Aktivitäten unvermindert weiter, ja sie haben sich sogar vermehrt.

Segnung der Newman Bibliothek nach dem Umzug in die Via di Val Cannuta, 8. Dezember 2020: P. Friedrich Bechina, P. Hermann Geißler, frater Márton Héray, Sr. Margarete Binder, Sr. Anna Düringer, Sr. Bianca Feuerstein

Studenten aus vier Kontinenten besuchen unsere Spezialbibliotheken, um ihre Lizenz- bzw. Doktorarbeiten zu verfassen. Daneben empfangen wir Gruppen von Interessenten, Gelehrte sowie einzelne Gläubige, die mehr über Newman und sein Leben und Wirken erfahren möchten. Dazu kommt eine Fülle von Korrespondenz mit Newman-Freunden aus aller Welt.

Die Homepage in Deutsch, Englisch, Italienisch und Französisch hat ein neues Outlook erhalten und ist modernisiert worden. Hier können Sie sich über unsere Aktivitäten informieren und von Zeit zu Zeit neue Beiträge verschiedener Art finden.

In unserem Newman-Zentrum in Littlemore finden viele Menschen Orientierung und Ermutigung. Die Heiligsprechung Newmans hat zu einer Vertiefung von Newmans Einfluss auf die Seelen geführt, wie aus den Begegnungen mit Besuchern aus aller Welt deutlich zu erkennen ist. Viele sprechen davon, dass „Newman sich mit ihnen angefreundet hat“ und er sie auf ihrem Glaubensweg begleitet. Zahlreiche Menschen kommen, um seine Fürbitte zu erflehen. Ein wichtiges jährliches Ereignis ist das 40stündige Gebet, das vor dem Aschermittwoch gehalten wird, und der Newman Night Walk am 8. Oktober von Oxford nach Littlemore, der viele Studenten anzieht. Seit 2023 findet jährlich eine Fr Ian Ker Memorial Lecture statt. In diesem Heiligen Jahr sind das College und die Pfarrkirche Pilgerstätten, an denen der Jubiläumsablass gewonnen werden kann. In den Guest Cottages können Interessierte einige Tage, etwa für Exerzitien oder persönliche Studien, verbringen. Den Newman-Freunden können wir einen Besuch an dieser Gnadenstätte nur ans Herz legen.

Sehr beliebt ist der jährlich zwei- bis dreimal stattfindende Newman-Walk in Rom. Bei diesem Spaziergang durch die Altstadt besuchen wir neun Stätten, die mit dem englischen Heiligen in Verbindung stehen. Informationen über seine Aufenthalte in Rom und die betreffenden Stätten, herzlicher Austausch unter den Teilnehmern sowie Gebete und Lieder in der Freiheit der Kinder Gottes machen diesen Walk zu einer besonderen Newman-Erfahrung.

Eine Gedenkmesse in der Newman-Kapelle des Palazzo di Propaganda Fide, wo Newman sich auf die Priesterweihe in der katholischen Kirche vorbereitet hat, sowie ein Einkehrtag im Geist Newmans gehören ebenfalls zu den regelmäßigen Initiativen des Zentrums. Auch an dem ökumenischen Treffen der Freunde des seligen Domenico Barberi in Viterbo nehmen wir jährlich teil.

Dazu kommen zahlreiche Vorträge, Radio- und Fernsehbeiträge sowie Veröffentlichungen verschiedener Art: Gebete und Novenen, einfache Artikel für das gläubige Volk sowie wissenschaftliche Studien für Fachleute. P. Hermann Geißler FSO hält in diesem Jahr an der Päpstlichen Universität Gregoriana sowie an der Theologischen Fakultät Florenz Vorlesungen über die Entwicklung der Glaubenslehre nach Newman.

Das Buch John Henry Newman. Ein neuer Kirchenlehrer? (Be&Be Verlag, Heiligenkreuz 2023) ist mittlerweile auch in Italienisch erschienen (Cantagalli, Siena 2024). Es wurde von Erzbischof Flavio Pace und Professor Michael Konrad am 27. November 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt (➞ Link) und schon mehrere Male rezensiert.

Wir beten und hoffen, dass der Tag bald kommt, an dem der heiligen John Henry Newman wirklich vom Nachfolger Petri zum Kirchenlehrer ernannt wird. Das entsprechende Verfahren am Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungen ist bereits sehr weit fortgeschritten.

Zwei Jubiläumsgeschenke

Anlässlich des 50jährigen Jubiläums des Newman-Zentrums möchten wir Ihnen zwei geistliche Geschenke zukommen lassen:

Ein persönliches Zeugnis von Bischof Philip Boyce OCD,

einem Zeugen der Gründung des Newman-Zentrums im Jahr 1975, der über die Bedeutung des heiligen John Henry Newman spricht (➞ Link).

Einen Artikel von Sr. Kathleen Dietz FSO

zum Thema Warum war John Henry Newman ein Kontroversist? (➞ Link).

Wir wünschen Ihnen viel Freude und geistlichen Gewinn bei der Lektüre dieser Beiträge.

Dankfeier

Um Gott für die 50 Jahre des internationalen Zentrums der Newman-Freunde zu danken, werden wir in San Giorgio in Velabro, der Titelkirche von Kardinal Newman in Rom, eine festliche Eucharistie feiern. Kardinal Marcello Semeraro, Präfekt des Dikasteriums für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, wird diese Dankmesse am 11. Oktober 2025 um 17 Uhr zelebrieren. Wir freuen uns, wenn Sie daran teilnehmen können.

Vereint in der Freude über das Licht, das der heilige John Henry Newman für viele Menschen und für die ganze Kirche bereits ist, sowie im Dank für das Goldene Jubiläum des Newman-Zentrums verbleiben wir mit besten Grüßen aus Rom

Hermann Geissler FSO

P. Hermann Geißler FSO
Direktor

Christiane Fritsch FSO

Sr. Christiane Fritsch FSO
Sekretärin