Newman Rundbrief April-Mai 2020

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Rom, April-Mai 2020

Liebe Newman-Freunde!

Mit großer Freude denken wir an den 13. Oktober 2019 zurück, an dem John Henry New­man von Papst Franziskus heilig­gesprochen wurde. Gläubige in aller Welt hatten diesen Tag erbeten und ersehnt. Rund um die Heiligsprechung gab es in vielen Ländern Ge­denkfeiern, Vorträge und andere Veran­stal­tungen, um den neuen Heiligen, seine Per­son und seine Lehre einer großen Zahl von Menschen bekannt zu machen.

Bei einem Akademischen Newman-Symposium mit dem Titel “Newman – A Cele­bration”, das am 12. Oktober 2019 an der Päpstlichen Akademie der Wissen­schaften in Rom stattfand, hielt – neben anderen Fachleuten – Kardinal Marc Ouellet ein sehr in­te­ressantes Referat zum Thema “Die Bedeutung des heiligen John Henry Newman für die katholische Theologie”. Wir empfehlen Ihnen die Lektüre dieses theologischen Vortrags.

Rund um die Heiligsprechung war öfter die Frage zu hören, ob Newman zum Kirchen­lehrer erhoben werden könnte. P. Hermann Geißler FSO ging dieser Frage in einer von Radio Maria ausgestrahlten Sendung nach. Wir verweisen Sie auch auf diesen Beitrag “Der heilige John Henry Newman – ein Kirchenlehrer?”, in dem vier Werke Newmans in einfachen Worten im Kontext seines Lebens und Denkens kurz vorgestellt werden.

La Valletta (Malta): links: die Freiluftkapelle rechts: das Lazarett

Beim diesjährigen Studien- und Einkehrtag des römischen Newman-Zentrums am 1. März 2020 hob Professor Joseph Carola SJ in zwei Vorträgen die Rolle der Laien in New­mans theologischen Schriften hervor. Ganz aktuell war dabei der Bericht über seine Zeit in Malta während seines ersten Besuchs im Mittelmeergebiet. Newman war damals beeindruckt vom Zeugnis eines Katholiken, der an Weihnachten auf geistliche Weise am Gottesdienst, der auf der anderen Seite des Wassers gehalten wurde, teilnahm. Er selbst musste als junger Geistlicher zugeben, in dieser Situation kein öffentliches Gebet verrichtet zu haben.

Das Lazarett (Ort der Quarantäne)

In einem Brief an seine Schwester Harriett vom 25. Dezember 1832 schrieb er darüber: „Heute Morgen sahen wir einen armen Kerl im Lazarett neben uns. Abgeschottet von den Gottesdiensten seiner Kirche, betete er in Richtung eines Hauses Gottes, das er auf der anderen Seite des Wassers sah. Es treibt mir die Schamröte ins Gesicht, dass der demütige Katholik ein Zeugnis für seinen Erlöser ablegte, wie ich dies als Geistlicher nicht tue. Aber ich tue, was ich kann, und werde versuchen, mehr zu tun, denn ich bin sehr beschämt.“ (Letters and Diaries, Band 3, S. 162)

Es ist auch bemerkenswert, dass Newman bei seiner ersten Reise in das Mittel­meer­gebiet 1832/33, bei der er auch Italien besuchte, das Ewige Licht in den Katholischen Kirchen nicht bemerkt und seine Bedeutung noch nicht gekannt hatte. Bei seiner zweiten Italienreise – dreizehn Jahre später, kurz nach seiner Konversion – sah er das Ewi­ge Licht aus allen Kirchen Mailands leuchten. In einem Brief an Henry Wilberforce schrieb er darüber am 24. September 1846: “Diese göttliche Gegenwart ist wirklich etwas über alles Wunderbares. Sie schaut geradezu aus den verschiedenen Kirchen auf die offene Straße hinaus. Bei San Lorenzo haben wir gesehen, wie die Leute von der gegenüberliegenden Straßenseite ihre Hüte abnahmen, als sie vorübergingen, ohne dass irgendjemand es beobachtet hätte, außer vielleicht eine alte Frau, die an der Kir­chen­türe sitzt und arbeitet, oder etwas verkauft.” (Letters and Diaries, Band 11, S. 252)

Die wirkliche Gegenwart des Herrn im Tabernakel überwältigte ihn. Sie schien ihm “be­­­reit für den Anbeter, noch bevor er eintritt” (Brief an Mrs J. W. Bowden vom 4. Ok­­to­ber 1846: Letters and Diaries, Band 11, S. 254). Wie Newman damals, kann vie­len Gläubigen in den gegenwärtigen Umständen, in denen die öffentliche Feier der hei­ligen Messe nicht im gewohnten Maß möglich ist, das Wunderbare an Gottes Ge­gen­wart in der Eucharistie neu bewusst werden. Dort bleibt Christus bei uns “alle Tage bis zum Ende der Welt (Mt 28,20). Jedenfalls dürfen wir hoffen und beten, dass der Hunger nach dem wahren Brot des Lebens in uns und vielen Herzen in dieser Zeit der Prüfung größer werde.

In seinen Predigten lädt Newman immer wieder dazu ein, auch in Zeiten der Heim­su­chung fest auf den Herrn zu vertrauen. Er ermutigt uns dazu, dass wir uns die Frage stellen, was Gott uns in Schwierigkeiten und Herausforderungen sagen möchte. Denn in seiner Vorsehung lässt er nichts zu, was nicht irgendeinen Sinn hat, auch wenn wir die­sen nicht immer sofort erkennen können. Freilich ruft Newman seinen Hörern auch in Erinnerung, dass „Er, der dies auferlegte, es wegnehmen kann zur gegebenen Zeit“ (Deutsche Predigten, Band 8, S. 49). Wir laden Sie ein, mit uns und vielen Menschen in aller Welt zu beten, dass diese Stunde nicht mehr allzu fern ist.

In der Gewissheit, dass der heilige John Henry Newman – gerade in dieser Zeit – für uns am Thron Gottes eintritt, wünschen wir Ihnen viel Kraft, Zuversicht und Ausdauer und grüßen Sie „cor ad cor“.

 

P. Hermann Geißler FSO                                                                                                                      Sr. Bianca Feuerstein FSO

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