Die Naturkräfte

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29. Predigt, am 29. September 1831

Fest des heiligen Michael und aller Engel

„Er macht Seine Engel zu Boten und Seine Diener zu brennendem Feuer“ (Ps 103, 4)

Am heutigen Festtag lenken wir füglich unsere Gedanken auf jene seligen Diener Gottes, die niemals die Sünde verkosteten. Sie sind unter uns, wenn auch unsichtbar, und dienen Gott immerfort mit Freuden auf Erden wie im Himmel. Sie dienen nach dem gnädigen Willen ihres Schöpfers den Er­lösten Christi, den Erben des Heils.

Es hat Zeitalter auf Erden gegeben, in denen die Menschen allzuhoch von den Engeln dachten und sie über Gebühr ehrten; ja in ihrer Verehrung die Ordnung so verkehrten, daß sie die höchste Ehrung, die Gott dem Allmächtigen gebührt, darob ver­gaßen. Das ist die Sünde eines dunklen Zeitalters. Aber die Sünde eines sogenannten gebildeten Zeit­alters, wie des unseren, ist das gerade Gegenteil: es beachtet die Engel wenig oder gar nicht; es schreibt alles, was um uns herum sichtbar ist, nicht ihrer Tätigkeit, sondern gewissen vermutlichen Na­turgesetzen zu. Dies, sage ich, ist wohl unsere Sünde, je nachdem wir mit der weltlichen Wissenschaft vertraut sind; – und das ist die Gefahr so mancher (sogenannter) naturwissenschaftlicher Forschungen wie sie heutzutage Mode sind und einem großen Teil der Öffentlichkeit, der ihnen bisher fremd gegenüberstand, mit Eifer angepriesen werden – der Chemie, Geologie und anderer; ich meine jene Gefahr, im Sichtbaren steckenzubleiben und das Unsichtbare samt unserer Unkenntnis derselben zu vergessen.

Ich will versuchen, meine Ansicht hierüber genauer darzulegen. Der Vorspruch belehrt uns, daß Gott Seine Engel zu Boten oder Sturmwinden macht und Seine Diener zu brennendem Feuer. Wir wollen überlegen, was damit gemeint ist.

1. Wieviel an schönen und wunderbaren Dingen entfaltet die Natur rund um uns her; und wie wenig wissen wir von ihnen! In einigen sehen wir gar Spuren von Intelligenz und leiten daraus eine Vor­stellung ihrer wirklichen Natur ab. Wir wissen z. B. wenig über die vernunftlosen Tiere, jedoch sehen wir, daß sie Sinne haben; daraus schließen wir, daß ihre körperliche Form, wie sie sich unserem Auge bietet, nur ein Anzeichen ist, ein äußeres Symbol für etwas, das wir nicht sehen. Das trifft noch mehr zu bei den Menschen: wir sehen, wie sie sich bewe­gen, wie sie sprechen und handeln, und wir wissen, daß alle diese Erscheinungen auf ihren Willen zurückgehen, denn sie haben einen Geist in sich, obwohl wir ihn nicht sehen. Aber warum fließen die Ströme? Wieso fällt der Regen nieder? Warum wärmt uns die Sonne? Weshalb bläst der Wind? Hier täuscht uns der natürliche Verstand; wir wis­sen, wie ich sagte, daß es bei Mensch und Tier der Lebenshauch ist, kraft dessen sie sich bewegen; da­gegen sagt uns der denkende Geist nichts von einem Lebenshauch, der in der sogenannten leblosen Welt wohnt und sie zur Erfüllung ihrer alltäglichen Aufgabe treibt. Es ist freilich Gottes Wille, der alles im Gang hält; so ist es Gottes Wille, der uns zur Bewegung befähigt; aber dieser hindert die Selbst­bewegung nicht, sondern macht es erst wahr, daß wir uns selbst bewegen. Wie aber bewegen sich Wind und Wasser, Erde und Feuer? Hier schaltet sich die Heilige Schrift ein: sie scheint uns zu sagen, daß diese ganze wunderbare Harmonie das Werk der Engel ist. Jene Geschehnisse, die wir dem Zu­fall zuschreiben, wie das Wetter, oder der Natur, wie die Jahreszeiten, sind Dienste, die jenem Gott zu Ehren geschehen, der Seine Engel zu Winden und Seine Diener zu brennendem Feuer macht. Es war z. B. ein Engel, der dem Teich von Bethesda seine heilende Kraft gab; und es besteht kein Grund daran zu zweifeln, daß andere Heilquellen bei uns und anderswo nicht auch durch ähnliche unsichtbare Dienstleistungen entstehen. Das Feuer auf dem Sinai, -die Blitze und Donner, waren das Werk der Engel. In der Geheimen Offenbarung lesen wir von den Engeln, die die vier Winde zurückhalten. Ebenso wird ihnen die Ausführung der Strafge­richte zugeschrieben. Die feurige Lava der Vulkane, die (wahrscheinlich) Sodoma und Gomorrha zer­störte, war verursacht durch die zwei Engel, die Lot retteten. Die Heerscharen des Sennacherib wur­den durch einen Engel vernichtet, der sich, wie man annimmt, eines erstickenden Windes bediente. Die Pest, die Israel wegen der Volkszählung heim­suchte, war das Werk eines Engels. Das Erdbeben bei der Auferstehung war das Werk eines Engels. Und in der Geheimen Offenbarung wird die Erde durch die Racheengel auf verschiedene Art geschlagen[1]

So erfahren wir im Rahmen der Mitteilungen der Schrift, daß der Lauf der Natur, der so wunderbar, so schön und so furchtbar ist, durch den Dienst die­ser unsichtbaren Wesen bewirkt wird. Die Natur ist nicht unbelebt, ihr tägliches Mühen ist vom Geist gelenkt; ihre Werke sind Dienste. Deshalb sagt der Psalmist: „Die Himmel erzählen die Herr­lichkeit Gottes, und das Firmament verkündet das Werk Seiner Hände“ (Ps 18,2). „In Ewigkeit bleibt Dein Wort, o Herr, im Himmel. Von Ge­schlecht zu Geschlecht geht Deine Wahrheit; Du hast die Erde gegründet, und sie bleibt. Durch Deine Anordnung bleibt der Tag; denn alles dienet Dir“ (Ps 118,89-91).

Ich möchte nicht behaupten, daß die Schrift uns sagen will, was Materie ist; aber ich behaupte, daß, gleichwie unsere Seele es ist, die unseren Leib bewegt, wie immer er sei, es Geistwesen gibt, welche diese wundervollen und weiten Gebiete der natürlichen Welt in Bewegung bringen, obschon sie scheinbar unbeseelt sind. Gerade wie die Ge­bärden, die Redeweise, das sprechende Gesicht der Freunde, die um uns sind, eine Unterhaltung mit ihnen ermöglichen, so bringt uns die Bewegung der Gesamtwelt, der Wechsel von Tag und Nacht, Som­mer und Winter, Wind und Sturm, die Seinem Wort gehorchen, die seligen und pflichteifrigen Engel in Erinnerung. So können wir denn an diesem Fest­tag mit Recht den Lobgesang der drei Jünglinge singen, die Nabuchodonosor in den Feuerofen wer­fen ließ. Den Engeln wurde aufgetragen, die Natur der Flamme zu ändern und sie unschädlich für sie zu machen; sie ihrerseits forderten alle Geschöpfe Gottes auf, die Engel vor allem, Ihn zu preisen. Obschon nun manch ein Jahrhundert seither verflossen ist und die Welt von heute sich eines höheren Wissens als damals rühmt und den sicht­baren Dingen auf den wahren Grund gekommen zu sein vermeint, so dürfen wir doch mit dank­barem und lauterem Herzen rufen: „All ihr Werke des Herrn, o ihr Engel des Herrn, Sonne und Mond, ihr Sterne des Himmels, Regen und Tau, alle Winde Gottes, Licht und Finsternis, Berge und Hügel, alles, was grünet auf Erden, preiset den Herrn, lobet und erhebet Ihn in Ewigkeit“ (Dn 3, 61 ff ). Jeder Blick rundum erinnert uns an jene gü­tigen und heiligen Wesen, die Diener des Allheili­gen, die in Herablassung den Erben des Heiles die­nen. Jeder Lufthauch, jeder Lichtstrahl, jede Wärmewelle, jeder entzückende Anblick ist gewis­sermaßen der Saum ihrer Kleider, das Wallen des Gewandes derer, die das Angesicht Gottes im Himmel schauen. Und jeder möge es sich selbst be­antworten, ob es nicht ebenso philosophisch ist und die gleiche Fülle geistiger Freude bedeutet, wenn wir diese Vorgänge in der natürlichen Welt ihnen zuschreiben, wie wenn wir die Erklärung in be­stimmten wissenschaftlichen Theorien suchen; mö­gen diese Anschauungen für bestimmte Zwecke noch so nützlich und (wenn man sie jenem höheren Gesichtspunkt unterstellt) für eine Anwendung auf das Religiöse noch so passend sein.

2. So komme ich zu einem anderen Gewinn aus der vorliegenden Lehre. Indes sie den Geist empor­hebt und ihm Stoff zum Nachdenken bietet, hat sie, wie ja bereits gesagt, auch ihren Wert als eine demütigende Lehre. Der eitle Mensch möchte weise sein und erforscht die Werke der Natur mit Neu­gierde in der Annahme, sie seien leblos und ohne Gefühl. Er glaubt allein Einsicht zu haben und hält letztere nur für niedrige, träge Stofflichkeit, mag sie im Anfang noch so seltsam ersonnen worden sein. So fährt er fort, dem Lauf der Dinge nachzuspüren, nach den entsprechenden Ursachen zu suchen, den Wundern, die er entdeckt, Namen zu geben und zu glauben, er verstünde, was er benannt hat. Schließlich ersinnt er eine Theorie und empfiehlt sie in seinen Büchern und nennt sich einen Philosophen. Wohl sind alle diese von mir erwähnten wissenschaftlichen Theorien von Nut­zen, denn sie ordnen die Werke und Pläne Gottes und der Ihm dienenden Engel und sind uns so eine Hilfe zum Nachdenken. Wiederum sind sie von größtem Nutzen, da sie uns instand setzen, den Weg Seiner Vorsehung und die Anordnungen Sei­nes Willens dem Wohle der Menschen dienstbar zu machen. So können wir die Gaben Gottes genießen. Wir wollen Ihm danken für die Erkenntnis, die uns dazu befähigt, und wollen jene ehren, die uns als Seine Helfer Anteil daran vermitteln. Aber wenn einer nun fortfährt und auf Grund seines beschränkten Wissens über die Wunder der Welt­ordnung sich einbildet, daß er deshalb schon Ein­sicht habe in den wahren Vorgang der Dinge; wenn er die Wunder der Natur (wie wir es nennen dürfen) ansieht als mechanische Vorgänge, die von selbst ihren Weg nehmen – so wie die Werke menschlicher Erfindung (z. B. eine Uhr) zuerst in Bewegung gesetzt werden und dann gleichsam von selber weiterlaufen -, wenn er infolgedessen in seinem Gebaren gegenüber der Natur ehrfurchts­los wird, da er (sozusagen) glaubt, sie höre ihn nicht und merke nicht, wie er mit ihr umgeht; wenn er sodann auf die Idee kommt, daß die Naturord­nung, die er teilweise erkennt, die Stelle Gottes des Schöpfers innehat und daß das All besteht und sich bewegt nicht durch Seinen Willen und Seine Macht, noch durch die Tätigkeit der tausend und zehntausend Seiner unsichtbaren Diener, sondern durch feste Gesetze, die sich selbst Ursache und Er­haltungskraft sind: wie wird er da zum armseligen Wurm und zum erbarmungswürdigen Sünder! In dieser Verfassung sind aber, fürchte ich, viele Men­schen heutzutage. Sie führen das große Wort und kommen sich und andern als Orakel der Wissen­schaft vor, wissen sie doch mit Bezug auf die Ein­zelheiten viel mehr über die Werke der Natur als wir alle.

Wir wollen nun die richtige Sachlage ins Auge fas­sen. Angenommen, besagter Forscher würde bei der Untersuchung einer Blume, einer Pflanze, eines Kiesels oder eines Lichtstrahles: was alles er in der Stufenleiter des Daseins als weit unter sich stehend behandelt, plötzlich entdecken, daß in den sicht­baren Gegenständen seiner Untersuchung ein gro­ßes machtvolles Wesen ihm lebendig entgegenträte, das bisher dahinter verborgen lag, und daß dieses seine weise Hand verhüllte, aber dem Ganzen seine Schönheit, seinen Schmelz und seine Vollkommen­heit schenkte als Gottes Werkzeug, ja sogar, daß diese wundersamen Objekte seiner eifrigen Unter­suchung dessen Kleid und Schmuck seien: was wä­ren wohl dabei seine Gedanken? Sollten wir ganz zufällig einen Mitmenschen durch rohes Benehmen verletzen, ihm auf den Saum seines Kleides treten oder ihn hart anstoßen, fühlen wir uns da nicht betroffen, nicht als ob wir ihm wehgetan, sondern aus Furcht, daß wir den Takt verletzt haben könn­ten? David hat drei Tage lang die furchtbare Pest beobachtet, sicher nicht mit neugierigen Augen sondern mit unbeschreiblicher Angst und Reue; aber als er endlich „seine Augen erhob und den Engel des Herrn“ (der die Pest brachte) „zwischen Himmel und Erde stehen sah, ein gezogenes Schwert in seiner Hand und gewendet gegen Jeru­salem, da fielen David und die Ältesten, mit Trauergewändern angetan, auf ihr Angesicht nie­der“ (1 Chr 21, 16). Die geheimnisvolle, unwider­stehliche Pest wurde noch furchtbarer, als man deren Ursache kannte. – Und was vom Furcht­baren der Naturwerke gilt, das gilt auch ander­seits vom Angenehmen und Berückenden. Wan­dern wir also hinaus und „betrachten wir auf dem Felde zur Abendzeit“ (Gn 24, 63), wie sehr muß uns jedes Gräslein und jede Blume überraschen und überwältigen! Denn selbst wenn wir mehr über diese Dinge wüßten als die größten Gelehr­ten, so umgeben uns doch, wenn auch unsichtbar, jene, vor denen unser bestes Erkennen nur Un­wissenheit ist. Und würden wir über die Werke der Natur einen wissenschaftlichen Vortrag hal­ten und dabei die Namen von Pflanzen und Boden­formen aufzählen sowie deren Eigenschäften be­schreiben, dann müßten wir es ehrfürchtig tun, da diese großen Diener Gottes es hören, müßten es tun mit jener Art von Zurückhaltung, die wir im­mer empfinden, wenn wir vor den Weisen und Ge­lehrten unseres eigenen sterblichen Geschlechtes zu reden haben, da wir doch nur kümmerliche An­fänger sowohl in der Geisteserkenntnis wie in den sittlichen Leistungen sind.

Nun könnte ich mir Leute vorstellen, die sagen, das ist alles Phantasie; doch wenn es so scheint, dann kommt es nur daher, daß wir an derlei Ge­danken nicht gewöhnt sind. Die Schrift hat uns sicherlich nicht umsonst über die Engel belehrt, sondern um praktischer Dinge willen. Auch sehe ich keinen praktischeren Nutzen unseres Wissens als den, daß es uns den Blick für diese Welt in Zu­sammenhang bringen lehrt mit dem Gedanken an die andere – noch weiß ich einen tröstlicheren Nutzen, denn es liegt fürwahr ein sehr großer Trost in dem Gedanken, daß wir auf Weg und Steg jene um uns haben, die, wenngleich unsichtbar, allen Erben des Heiles dienen -, noch gibt es einen, der für alle verständlicher und fühlbarer wäre: wissen wir doch, daß es eine Zeit gab, da die Lehre von den Engeln nur zu bereitwillig auf­genommen wurde. Und wollte einer daraus einen Gegenbeweis ableiten und eine Gefahr darin sehen, dann möge er an den großen Grundsatz der Kirche denken, daß der Mißbrauch einer Sache deren rechten Gebrauch nicht aufhebt. Und er möge, wenn er kann, eine Erklärung geben für die Ermahnung, die St. Paul an Timotheus richtet, nicht nur „vor Gott und Christus“, sondern auch vor „den erwählten Engeln“ (1 Tim 5, 21). Des­halb lehrt uns unsere Kirche im Abendmahlsgottes­dienst, unser Lob zu vereinen mit „den Engeln und Erzengeln und der ganzen himmlischen Heer­schar“; und die ersten Christen hofften gar, diese würden zu den kirchlichen Gebetszeiten anwesend sein und mit der Kirche Gott verherrlichen. Diese Gedanken sind nicht ohne direkten Einfluß auf unsern Glauben an Gott und an Seinen Sohn; denn je weiter sich unsere Sicht auf die andere Welt aus­dehnen kann, umso besser. Erblicken wir, wie Gott der Allmächtige umgeben ist von Seinen heiligen Engeln, von Seinen tausendmal tausend dienenden Geistern und von den zehntausendmal zehntau- send, die vor Ihm stehen, dann steht uns der Ge­danke an Seine schauervolle Majestät viel mächti­ger und eindrucksvoller vor Augen. Wir beginnen zu erkennen, wie klein wir sind, wie so armselig und wertlos in uns selbst, wie hoch dagegen Er ist und wie furchtbar. Noch der kleinste Seiner Engel ist unermeßlich hoch über uns in unserem gegen­wärtigen Zustand; wie hoch muß dann erst Er sein, der Herr der Engel! Selbst die Seraphim verhüllen ihr Angesicht vor Seiner Herrlichkeit, während sie Ihm Lob singen; wie verschämt müssen dann erst Sünder sein, wenn sie sich Seiner Gegenwart nahen.

Endlich empfangen wir auch bei unserem Versuch, den Willen Gottes zu erfüllen, einen Auftrieb aus dem Gedanken, daß wir bei unserer Ankunft im Himmel Genossen der seligen Engel werden. In der Tat, was wissen wir anderes von den himmli­schen Hallen, als daß sie von ihnen bevölkert sind? Und deshalb erhielten wir zweifelsohne die Offen­barung über sie, daß wir bei unserem Aufblick zum Himmel etwas hätten, auf das wir unsere Ge­danken richten könnten. Der Himmel ist fürwahr der Palast des Allmächtigen und an Ihn müssen wir an erster Stelle denken; sodann an Seinen Sohn, unseren Heiland, der für uns starb, der Sich in den Evangelien geoffenbart hat, damit wir ein bestimmtes Ziel hätten, auf das wir vorausschauen könnten; und sicherlich sind uns auch aus dem glei­chen Grunde die Engel geoffenbart worden, damit der Himmel so wenig als möglich ein fremder Ort für unsere Vorstellung sei.

Auf diese Art also wollen wir von den Engeln Gottes denken. Und sollen es schon würdige Ge­danken sein, dann wollen wir uns davor hüten, diesen Aufblick zu einem bloßen Gefühl oder zu einer Art Vorstellungsschwelgerei zu machen. Diese Welt muß eine Welt des Wirkens und der Mühe sein; Gott gewährt uns kurze Blicke in den dritten Himmel zu unserem Trost. Wollten wir aber in ihnen als dem Ziel unseres gegenwärtigen Daseins unser Glück sehen, ohne den Versuch zu machen, uns täglich zu reinigen, um uns der vollen Freude daran im künftigen Leben hingeben zu können, dann würden sie nur eine Schlinge unseres Fein­des. Der tägliche Gottesdienst, der Gehorsam gegen Gott in unserem Beruf und in den gewöhnlichen Verrichtungen, das Bestreben, unseren Erlöser Jesus Christus in Wort und Tat nachzuahmen, un­unterbrochenes Gebet zu Ihm, sowie Vertrauen auf Ihn, dies allein ist die rechte Vorbereitung, Seine Offenbarungen anzunehmen und daraus Gewinn zu ziehen. Es mag hingegen manch einer schön dar­über schreiben und reden, aber er ist bei aller Vortrefflichkeit seiner Worte deshalb keineswegs besser oder näher dem Himmel.

Newman John Henry, Pfarr- und Volkspredigten, DP II, 29, Schwabenverlag, Stuttgart 1950, 394-404.


[1] 1 Joh 5,4; Ex 19,16-18; Gal 3,19; Apg 7,53; Offb 7,1) Gn 19,13; 4 Kg 19,35; 2 Sm 24,15-17; Mt 28,2; Offb 8; 9; 16.